Die Totenfeste der Welt: Hungry Ghost Festival in China
Wenn im August Vollmond ist und überall Lichter entzündet werden, ist es wieder soweit: Das Hungry Ghost Festival startet in China!
Vor Kurzem haben wir euch schon vom japanischen Totenfest Obon berichtet, bei dem den Toten bei fröhlichen Zeremonien gedacht wird. Obon ist ein “kleiner Verwandter” des chinesischen Totenfestes “Hungry Ghost Festival” (oder einfach Geisterfest), das alljährlich im Land der aufgehenden Sonne gefeiert wird. Wann, wo und wie dieses Fest begangen wird, erfährst du in diesem Blogartikel!
Die Ursprünge des Geisterfestes
Das Hungry Ghost Festival lässt sich weit zurück bis auf die Qin-Dynastie zurückführen (221-207 v. Chr.). Ursprünglich war das Fest ein Opferfest, weshalb Speisen und Räucherwerke für die Verstorbenen und den Todesgott Baidi aufgestellt wurden.
Mit der Zeit pendelte man sich, was den Zeitpunkt der Feier betrifft, auf den 15. Tag des 7. Monats nach dem chinesischen Mondkalender ein. Das entspricht im westlichen Kalender Mitte August. Für ungefähr einen Monat werden Zeremonien zur Verehrung der Toten abgehalten.
Dem Glauben nach kommen die Geister zum Fest, das in China auch Zhongyuan Jie, Gui Jie oder Yulan Festival genannt wird, nach langer Wartezeit auf die Erde. Traditionell werden viele Lichter angezündet: auf der Straße, in kleinen Laternen und Papierbooten auf dem Fluss werden sie angezündet, damit sie den Toten den Weg nach Hause weisen.
Dem Hungry Ghost Festival liegen zwei religiöse Ursprünge zugrunde. Einerseits entwickelte es sich aus dem Daoismus und andererseits aus dem Buddhismus:
Im Daoismus gibt es je einen Gott für die drei Elemente, aus denen die Erde besteht: Himmel, Erde und Wasser. Der Gott des Himmels ist am 15. Tag des ersten Monats des Mondkalenders geboren, der Gott der Erde, der die Sünde verzeiht, wurde am 15. Juli geboren und der Gott des Wassers, der in der Not hilft, wurde am 15. Oktober geboren. Jeder dieser Götter kommt an seinem Geburtstag zur Erde, um seine Dienste zu leisten. Im sogenannten Geistermonat ist es also der Gott der Erde, der auf die Erde kommt und die verlorenen Seelen (also Menschen, die zu Lebzeiten Verbrecher waren oder andere Sündige) rettet. Die Daoisten stellen an diesem Tag Altare auf, lesen heilige Schriften und verbrennen Räucherwerk, um den Gott zu sich zu rufen.
Die Buddhisten feiern an dem Tag das Ullambana-Fest. Im sogenannten Ullambana-Sutra wird die Geschichte Mulians erzählt, der träumte, dass seine verstorbene Mutter in der Unterwelt Hunger litt und dünn wie ein Skelett war. Die Speisen, die er ihr anbot, nahm sie jedoch nicht an. So bat der Sohn den Buddha, das Leid seiner Mutter zu mindern. Mulian sollte laut Buddha am 15. Tag des 7. Monats Speisen und Getränke für Buddhisten aus aller Welt anbieten, um seine Mutter zu retten. Als die Buddhisten für sie beteten, konnte die Mutter von ihrem Leid befreit werden.
Aus dieser Geschichte ist das Fest entstanden, bei dem man Opfer darbietet, zusammen für die verstorbenen 7 Generationen betet und Schriften liest.
Zeremonien zum Geisterfest
Wie bereits angedeutet, wird das Geisterfest mit zahlreichen Zeremonien begangen. So werden zum Beispiel nicht nur Lichter aufgestellt, sondern auch Schuhpaare auf die Straße gestellt, damit die Toten, die zu Besuch kommen, bequem gehen können.
Für die Toten werden Speisen und Getränke, wie zum Beispiel Früchte, aufgestellt. Aufwändige Kleider werden getragen und Opfergaben werden in Form von Höllengeld (oder auch Totengeld genannt) und Gegenständen aus Pappmaché gebracht. Diese werden in einem Ritual für die Toten verbrannt.
Auch Theateraufführungen und Konzerte sind in der Zeit des Festes häufig zu sehen. In der Vorstellung der Chinesen muss sich nämlich auch um die umherirrenden Seelen gekümmert werden, die keine Familie mehr haben oder deren Haus nicht mehr existiert. Je lauter ein Spektakel, desto besser für den Geist, der den Weg so besser findet. Natürlich kann das Fest aber auch in stillem Gebet verbracht werden.
Heutzutage ist es so, dass das Fest immer weniger gefeiert wird und zum Teil sogar in Vergessenheit gerät. Trotz der langen Tradition ist es kein Feiertag und somit gerät das Fest vor allem bei der jungen Generation in den Hintergrund. Daoisten und Buddhisten feiern das Fest außerdem nicht mehr zusammen. Sie feiern eher im kleinen Kreis untereinander. Zwar wird in ländlichen Regionen das Fest noch mit einer reich gedeckten Tafel und Papierbooten und Laternen auf dem Wasser begangen, doch sieht man es heute häufig eher als Aberglauben an.
Wie lange sich dieses Hungry Ghost Festival noch hält, steht also leider in den Sternen. Nichtsdestotrotz ist es eine wunderschöne Tradition, um die Verstorbenen in Ehren zu halten!
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