Gruselgeschichten Teil 2: Gebrochene Herzen und Geister
Auch im zweiten Teil entführen wir dich wieder in eine Welt des Grusels mit zwei irischen Damen, die als Geister im Diesseits wandeln.
Heute geht es um zwei Damen, die aufgrund von Liebe noch immer umherspuken. Die Iren scheinen aber auch echt prädestiniert zu sein für Geistergeschichten, nicht wahr?
Der weiße Geist vom Dargle-Tal
Bei Bray, in der Nähe von Dublin, steht ein mächtiger Felsen am Rande einer Schlucht. Es ist der „Lovers‘ Leap“, ein magischer Ort, der vor langer Zeit Schauplatz einer Tragödie war. Hier lockte ein rachsüchtiger Geist eine junge Frau in den Tod. Hier ist ihre Geschichte:
In Bray lebte einmal eine Frau, die ein unstetes Leben führte. Sie hatte einen Liebhaber, der sie über alles liebte. Doch sie wandte sich alsbald einem schöneren, galanteren Mann zu und betrog den Liebhaber. Die Frau sang gerade ihrem neuen Geliebten eine alte Volksweise, um ihn zu bezirzen. Ihre Stimme war klar und hell und jedem, der sie hörte, war leichter ums Herz.
Doch in dem Moment als sie aufhörte zu singen, fing die Totenglocke an zu läuten. Im Dorf war ihr voriger Liebhaber an gebrochenem Herzen gestorben, als er hörte, wie sie für einen anderen sang. Sie war völlig bestürzt und lief zum Friedhof. Die Erde auf dem Grab war frisch aufgeschüttet. Sie kniete nieder und verharrte bei dem Grab. Selbst als die Dunkelheit hereinbrach, blieb sie dort sitzen.
Selbst Regen und Schnee konnten sie nicht davon abbringen, bei dem Grab sitzen zu bleiben. So saß sie dort die ganze Nacht und auch die nächste Nacht verließ sie die Stelle nicht. Ihre Verwandten und auch der neue Liebhaber flehten sie an, ins Haus zu kommen, doch sie hörte auf niemandem.
Sie war so tief getroffen, dass jemand ihretwegen gestorben war, dass sie jeden Abend zum Grab ging und die Trauerstätte erst in den frühen Morgenstunden wieder verließ. Sie war davon überzeugt, ihr Leben als Sühneopfer darbringen zu müssen, für den, der um ihretwillen dahingeschieden war. Bald erlitt sie einen Nervenzusammenbruch und erzählte ihrer Schwester, sie hätte den Geist ihres Liebhabers gesehen.
Er sei mit ihr durchs Tal gewandert und habe ihr versprochen, sie an einen Ort zu führen, an dem sie ewig zusammen sein könnten. Die besorgte Familie sperrte die junge Frau im Haus ein, doch sie fand einen Fluchtweg. Der Bruder lief ihr hinterher und erkannte noch ihr im Winde flatterndes Halstuch, als sie zu der Klippe rannte. Sie kletterte auf den großen Felsen und ihre Silhouette überragte alles. Sie hob die Arme, als wollte sie jemanden umarmen und stürzte sich in die tosenden Fluten. Der Geist ihres Liebhabers hatte sie in den Tod gelockt.
Von diesem Tag an konnte man am Abend der Mittsommernacht den Geist des Mädchens sehen. Mal fliegt sie als weiße Taube durch die Nacht, mal sieht man sie als weißes Rehkitz vorüber huschen … Sie ist auf ewig der weiße Geist vom Dargle-Tal.
Der Peitschenfluch von Shallardstown
Rache ist eines der stärksten Gefühle der Menschen! Besonders starke Gefühle lassen die Toten manchmal nicht ruhen. Der Spuk überdauert Zeit und Raum und jagt den Menschen noch Generationen später eisige Schauer über den Rücken. Vor allem in Irland sind die Geister der Ahnen noch lebendiger als sie es sein sollten…
. In Tipperary, einer irischen Grafschaft in Ballymacorthy, stand einst ein herrschaftliches Landhaus. Cadogan Parrot hatte es Anfang des 19. Jahrhunderts für seine Familie gebaut. Er und seine Frau Angelica hatten zwei Töchter, Angelica und Rosaleen. Doch die Idylle währte nicht lange, denn die Mutter beging aus ungeklärten Gründen Selbstmord. Der Vater verzweifelte daran. Angelica, die Ältere der beiden Töchter, hatte nun das Sagen im Haus und kümmerte sich um das gesamte Anwesen, das überall unter dem Namen „Shallardstown“ bekannt war. Doch Angelica konnte die Arbeit nicht allein bewältigen, es fehlte ein Mann im Haus! Schon bald verliebte sie sich, wie der Zufall es wollte, in einen Mann aus der Nachbarschaft. Doch Dagan Ferritter konnte ihre Liebe nicht erwidern.
Rosaleens Schönheit überstrahlte alles und so verliebte er sich Hals über Kopf in die jüngere Schwester. Angelica gönnte ihrer Schwester das Glück und da sie der jungen Liebe nicht im Wege stehen wollte, schenkte sie dem Paar eine Reise in ein weit entferntes Land.
Bald verliebte sich Angelica selbst. Der Diplomat Prinz Nicholas Orloff, der Attaché der russischen Botschaft, erwiderte ihre Liebe und so heirateten sie. Doch das Schicksal ist manchmal grausam. In den Flitterwochen in Russland zog sich der Prinz eine schwere Erkältung zu und starb an hohem Fieber. Angelica war tief verstört. Sie kehrte zurück nach Shallardstown, entließ sofort alle Bediensteten bis auf einen Butler und verließ das Haus nicht mehr.
. Als endlich die Schwester Rosaleen und ihr Mann zurückkehrten, ließ Angelica sie nicht mehr herein. Sie verwehrte ihnen ihren Schutz und so mussten die beiden in einer kleinen Hütte wohnen und von den kargen Almosen leben, die ihnen die Witwe überließ.
Bald begann Gräfin Angelica jede Nacht um 3:00 Uhr mit der Kutsche durch das Land zu fahren. Nur der verbliebene Butler war auf dem Kutschbock zu sehen. Wenn sie vorüberfuhr, blinkte und funkelte die juwelenbesetzte russische Reiterpeitsche, die der Butler in der Hand hielt. Pünktlich eine Stunde später fuhr sie wieder in das Tor hinein. Und immer schlug es genau dann zur vierten Stunde.
Die Jahre vergingen und Rosaleen und ihrem Mann ging es immer schlechter. Die Leute lachten über Dagan Ferritter, der sich nicht traute der Witwe entgegenzutreten und den Anspruch von Rosaleen am Landsitz durchzusetzen. Doch letztendlich scharte er Freunde um sich herum und machte sich auf, um Angelica zur Rede zu stellen. Er fand jedoch nur den Butler vor. Einsamkeit und Totenstille hingen über dem Landsitz. Der Butler offenbarte Schreckliches: Angelica war schon seit 11 Jahren tot!
. Ihr letzter Wunsch war es gewesen, jede Nacht um 3:00 Uhr von dem Butler mit der Kutsche spazieren gefahren zu werden. So fuhr der Butler tatsächlich jede Nacht, seit 11 Jahren Angelicas Leiche umher! In einem beglaubigten Schriftstück hatte sie ebenfalls festgehalten, dass der Butler die juwelenbesetzte Peitsche nur zu dieser Gelegenheit benutzen sollte. Die Peitsche thronte in einer Vitrine in der Halle des Anwesens. Jeder, der sie berührte, sollte von einem furchtbaren Fluch getroffen werden. Durch diesen boshaften Fluch sollten Rosaleen und Dagan für immer von Shallardstown ferngehalten werden.
Trotz des Fluches zog das Paar in das Landhaus ein. Doch die Freude währte nicht lange denn innerhalb eines Jahres starben beide! Die Peitsche lag noch immer in der Halle.
Als ein Cousin das Haus erbte, wurde es von einem Orden zum Novizenhaus umgebaut. Es gab keine weiteren Todesfälle, doch man sah oft einen vagen schwebenden Schatten bei der Vitrine. Im Hof war nachts das Holpern einer abfahrenden Kutsche zu hören und zweimal stand eine Gestalt auf der Treppe. Der Verwalter des Hauses musste auch oft die offen stehende Vitrine wieder verschließen, immer gegen vier Uhr Nachts…
Nächste Woche geht es weiter mit unseren Geister-Geschichten!
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